Röntgen Hund und Katze: Thorax und Abdomen (eBook)

Georg Thieme Verlag KG
978-3-13-245694-5 (ISBN)
1 Physikalische Grundlagen
Kerstin von Pückler
1.1 Röntgenstrahlen
Röntgenstrahlung wird zu den ionisierenden Strahlen gezählt. Ionisierende Strahlung verursacht eine Energieübertragung bei Interaktion mit Materie bzw. Gewebe. Durch die Interaktion der Röntgenstrahlen mit unterschiedlichen Elementen entstehen die typischen „Röntgenzeichen“ im Röntgenbild.
Man unterscheidet in der Projektionsradiografie 5 unterschiedliche Dichten: Gas-, Fett-, Weichteil-, Mineral- und Metalldichte. Es ist nicht möglich, unterschiedliche Weichteilgewebe oder Flüssigkeiten anhand ihrer Dichte zu unterscheiden, da sie die Röntgenstrahlung in ähnlichem Ausmaß abschwächen.
Röntgenstrahlen, die in der bildgebenden Diagnostik eingesetzt werden, bestehen nur zu einem geringen Teil aus den sog. charakteristischen Röntgenstrahlen. Den größten Anteil am „Nutzstrahlenbündel“ haben sog. Bremsstrahlen. Physikalisch betrachtet handelt es sich bei Röntgenstrahlung um eine elektromagnetische Wellenstrahlung.
1.2 Röntgenröhre
Die wichtigsten Bestandteile der Röntgenröhre ( ▶ Abb. 1.1) sind die Kathode und die Anode ( ▶ Abb. 1.1a). Sie werden vom Gehäuse der Röntgenröhre in einem Vakuum umgeben. Die Kathode repräsentiert den „Glühdraht“ und besteht i. d. R. aus 1 oder 2 Wolframdrähten, die von einem definierten Strom durchflossen werden können. Die Anode besteht üblicherweise aus einem sog. Anodenteller. Diese Scheibe aus einer Wolframlegierung rotiert während der Entstehung der Röntgenstrahlen, um Hitze gleichmäßig und damit möglichst „materialschonend“ über den Anodenteller zu verteilen.
Zur Herstellung von Röntgenstrahlen müssen 3 besondere Einstellungen beachtet werden:
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die Stärke des Stroms, der durch den Kathodendraht fließt
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die Dauer dieses Stromflusses
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die Spannung, die zwischen Kathode und Anode angelegt wird
Der Strom fließt mit den zuvor vom Untersucher am Gerät angewählten Milliampere durch den Kathodendraht in einer definierten Zeit, die in Sekunden ausgedrückt wird (Milliamperesekunden, mAs). Dabei werden durch den thermionischen Effekt bei Erhitzen des Drahts Elektronen freigesetzt, die sich als Elektronenwolke um die Kathode sammeln. Diese Elektronen werden anschließend durch das Anlegen einer Spannung, die durch Einstellen der notwendigen Kilovolt bestimmt wird, vom Glühdraht zum Anodenteller beschleunigt ( ▶ Abb. 1.1b). Dort kommt es zu unterschiedlichen Interaktionen der Elektronen mit dem Anodenmaterial. Vorwiegend entstehen Bremsstrahlung und Wärme. Die Intensität der entstehenden Strahlung hängt dabei direkt von der angelegten Röhrenspannung und damit der Beschleunigung der Elektronen ab. Die Quantität der entstehenden Röntgenstrahlen hängt von der Dauer des Stromflusses am Glühdraht ab.
Abb. 1.1 Röntgenröhre.
Abb. 1.1a Schematische Darstellung einer Röntgenröhre mit ihren wichtigsten Bestandteilen Kathode und Anode.
Abb. 1.1b Die Elektronen (blau) werden durch Anlegen einer Spannung (kV) im Vakuum zur Anode hin beschleunigt.
Merke
Die Intensität der Röntgenstrahlung hängt von der Röhrenspannung (in Kilovolt, kV) ab.
Aus Bremsstrahlung und Röntgenstrahlung entsteht das Nutzstrahlenbündel. Die Bremsstrahlung weist ein breites Spektrum von niedrig- und hochenergetischen Röntgenstrahlen auf. Dabei ist die größtmögliche Intensität die „kVp“ (kilovoltage peak). Hierbei wird ein Elektron mit maximal möglicher Beschleunigung von der Anode angezogen und gibt bei Interaktion mit dem Anodenmaterial seine Energie vollständig an die entstehende Bremsstrahlung weiter.
Mithilfe von in der Röhre platzierten Filtern (z. B. Aluminium) wird besonders niedrigenergetische Strahlung vom Nutzstrahlenbündel entfernt. Dies dient der Reduktion der Strahlenbelastung des Patienten und verbessert die Bildqualität.
Bei der Anwendung von Röntgenstrahlen sollte man allerdings daran denken, dass es keinen homogenen, optimalen Nutzstrahl geben kann, sondern nur maximale Werte angegeben werden können.
Merke
„Kilovolt (kV)“ bestimmen die Strahlenhärte und damit die sog. „Qualität“ und Durchdringungsfähigkeit der Röntgenstrahlen, während „Milliamperesekunden (mAs)“ die Strahlenmenge und damit die „Quantität“ bestimmen.
1.3 Artefakte
Artefakte sind als Strukturen definiert, die zwar im Röntgenbild sichtbar sind, jedoch keiner real existierenden Struktur entsprechen.
Definition
Sinngemäß wird ein Artefakt definiert als „unbeabsichtigter künstlicher Kausalzusammenhang durch Fehler in der Datenerhebung oder Verarbeitung“.
Artefakte können anhand ihres Entstehungszeitpunkts in mehrere Kategorien unterteilt werden:
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Artefakte, die vor der Belichtung entstehen. Beim konventionellen Röntgen spielen hier v. a. die Lagerungsbedingungen der Röntgenfilme und Folien eine wichtige Rolle. Nur ein trocken und dunkel gelagerter Film kann ein optimales Bild aufnehmen. Im digitalen Röntgen sind besonders Installations- und Softwarefehler an Artefakten schuld.
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Artefakte, die bei der Belichtung entstehen. Falsch eingelegte Filme, unpassende Belichtungsparameter oder Bewegungen des Patienten (sog. Bewegungsartefakt) können eine große Rolle spielen.
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Artefakte, die bei der Nachbearbeitung oder Lagerung entstehen.
Eines der häufigsten Artefakte ist das Bewegungsartefakt ( ▶ Abb. 1.2). Durch physiologische Bewegung (Atmung, Herzschlag) oder durch Abwehrbewegungen des Patienten kommt es zu unscharfen Grenzen im Röntgenbild und Doppelkonturen. „Verwischte“ Areale machen eine verlässliche Befundung häufig unmöglich. Um Bewegungsartefakte zu vermeiden, sollten am Thorax kurze Belichtungszeiten eingesetzt werden. Optimal ist eine Belichtung bei maximaler Inspiration, da eine kurze „Bewegungspause“ entsteht, wenn das Thoraxvolumen maximal ist.
Abb. 1.2 Laterale Röntgenaufnahme der Brustwirbelsäule eines Hundes: Durch Bewegung während der Belichtung kommt es zu „Doppelkonturen“ und zum Verwischen des Bildes.
Artefakte im konventionellen Röntgenbild sind häufig Unter- oder Überbelichtung der Aufnahme oder fehlerhafte Filmentwicklung. Die entstandenen Röntgenbilder sind entweder zu dunkel (Überbelichtung) oder zu hell (Unterbelichtung) ( ▶ Abb. 1.3). Bei der Filmentwicklung können Beschädigungen der Emulsion auf dem Film zu Kratzern, Knicken, dunklen Arealen oder elektrostatischen Entladungen mit schwarzen Linien führen.
Abb. 1.3 Laterolaterale Röntgenaufnahmen des Thorax beim Hund: Beispiele für Überbelichtung (a) und Unterbelichtung (b).
Ein häufiger Fehler bei der Entwicklung von Röntgenfilmen ist die mangelhafte „Fixierung“ des entwickelten Films. Dies führt zur späteren Oxidation der Bilder mit Farbschleier. Die Bilder werden mit der Zeit immer weniger sichtbar ( ▶ Abb. 1.4).
Abb. 1.4 Beispiel für eine Farbschleierbildung. Die ventrodorsale Aufnahme des Beckens bei einem Hund zeigt durch Oxidation einen gleichmäßigen Farbschleier.
Für eine optimale Kontrastdarstellung sollte im konventionellen Röntgen auf die Anwendung einer passenden Film-Folien-Kombination geachtet werden, während in der digitalen Radiografie auf die Anwendung passender Algorithmen (Software-Voreinstellungen) sowie den Einsatz von veterinärmedizinischer Software geachtet werden sollte.
Unterbelichtung ist auch in digitalen Röntgenbildern möglich. Hierbei entsteht ein schlechtes „Signal-zu-Rausch-Verhältnis“ und die Bilder bekommen eine generalisierte Körnigkeit, welche die Befundung kleiner Strukturen sehr schwierig machen kann ( ▶ Abb. 1.5).
Abb. 1.5 Kopf einer Katze im laterolateralen Strahlengang: Durch Unterbelichtung (a) entsteht im digitalen Röntgen ein körniges Bild, das im Vergleich zum optimal belichteten Bild (b) deutlich weniger Details erkennen lässt.
Sowohl für das Röntgen des Thorax als auch für das Abdomen ist eine hervorragende Bildqualität...
Erscheint lt. Verlag | 26.3.2025 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Veterinärmedizin ► Kleintier |
Schlagworte | Abdomen • Bildgebende Verfahren • Diagnosen • Differenzialdiagnose • Hund • Katze • Kleintiere • Radiologie • Thorax |
ISBN-10 | 3-13-245694-2 / 3132456942 |
ISBN-13 | 978-3-13-245694-5 / 9783132456945 |
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